Montag, 13. Februar 2012

Auf der Reeperbahn mittags halb zwei

Alstervergnügen 2012
Mein Klaus war das ganze Wochenende nicht da. Ob ihr‘s mir glaubt oder nicht –ich hab ihn vermisst, die Dummsau. Hat mir nach seiner Rückkehr gestern am späten Abend natürlich erzählen müssen, was er so getrieben hat. Der Blödmann war doch tatsächlich zum Auswärtsspiel von dem seinen VfL bis ganz nach Hamburg gefahren. Auch noch mit dem Bus. Jedoch nicht mit den Unterschichten Prolls aus der Ostkurve, sondern mit den privilegierten Prolls vom Block B oder aus der Revierpowerlounge. Und auch nicht in die Imtech-Arena von dem berühmten HSV, sondern ins Stadion am Millerntor von den Kiezkickern aus Sankt Pauli.
So eine Bustour mit dem VfL dem seinen Anhängern muss ja was ganz Besonderes sein. Bin ob Klausens Erzählungen glatt neidisch geworden. Hab ich nicht immer schon davon geträumt, eine Überlandfahrt mit einem Reisebus mit eingefrorener Toilette zu machen. Habe ich mich nicht immer schon danach gesehnt lauschige Rastplätze an der Autobahn kennenzulernen. Allertal-Ost. Gütersloh-Nord. Welch klangvolle Namen. Bloß wegen der eingefrorenen Toilette und dem allseits beliebten Braumeister Fiege, der selbstlos der abenteuerlustigen Reisegesellschaft pro Reisebus 20 (in Worten: zwanzig) Kisten leckeren Fiege-Pilses zum geflissentlichen Genuss zur Verfügung stellte. Und nicht nur das! Auch einige Flaschen der bisher noch nicht im Handel erhältlichen Neuschöpfung „Fiege Bernstein“ wurden zur Verprobung herumgereicht. Die einhellige Meinung der Verkoster war allerdings: „Mädchenbier!“
Und mit halbstündiger Verspätung wurde dann Hamburg erreicht. Hamburg selbst machte aus der halben Stunde anderthalb, weil wegen der zugefrorenen Außenalster Hunderttausende die Straßen verstopften. So gab es nach dem Einchecken im Hotel nur wenig Zeit zum Entspannen denn schnell wurde es Zeit zum Programmpunkt eins des Events zu kommen, der Hafenrundfahrt. Bloß fuhr im ganzen Hafen keine einzige Barkasse, weil die Eisschollen alles blockierten. Alternativ wurde für die durstige Gesellschaft ein Teil eines Bootsstegs an der Alster akquiriert, für um Glühwein abzuschütten. War ja kalt. Würstchen gab’s auch, allerdings kein Bier, sondern nur Becks Gold oder Weizenplörre ohne Glas. Bevor jedoch der Unmut der Reisenden so richtig aufkam, war es auch schon an der Zeit in das gecharterte Restaurant „Freudenhaus“ aufzubrechen. Dort gab es Touristennepp auf Tellern und Astra Pils. Langsam kam in mir ein bisschen Mitleid mit meinem Klaus auf. Aber: selber in Schuld.
Und auf dem Weg vom Restaurant zurück ins Hotel sind dem Klaus und dem seinen Schwager Michael auf wenigen hundert Metern scharenweise die Mädchen hinterhergelaufen. Das war den beiden, wenn überhaupt, schon seit dreißig Jahren nicht mehr passiert. Die Mädels waren für die kühlen Temperaturen auch relativ leicht bekleidet und ziemlich aufdringlich. Na ja, will den Klaus mal in dem Glauben lassen, dass hinter der Verehrerschar keinerlei finanzielle Interessen standen. War ja bis jetzt schon schlümm genug.
Seinen Höhepunkt sollte der Wochenendausflug aber erst am Sonntag mittags um halb zwei im Stadion am Millerntor erfahren. Endlich kam es zum Mainevent, den Zweitligaschlager FC Sankt Pauli gegen den VfL Bochum 1848 e. V. In leichtem Schneegestöber, bei strammen Ostwind und Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt durften sich die Fans vonne Castroper an einer jämmerlichen Niederlage ihres heiß geliebten VfL erwärmen. Rückfahrt nach Bochum war dann auch super Stimmung! Noch ein paar Fiege-Pils wurden lustlos aufgeplöppt und die Kehlen hinunter geschüttet. Klo war wieder aufgetaut und so ging es flott zurück nach Bochum, wo dem Klaus seine Patchy ihn schon sehnsüchtig erwartete. Den ganzen Sonntag war im Fernsehen die Rede vom großen, legendären „Alster-Vergnügen“ in Hamburg. Mein Klaus muss da was falsch verstanden haben.

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