Montag, 18. Februar 2013

Voll Krassnitzer

Oh weh, oh weh, oh weh! Es wird ja immer schlümmer. Früher waren wenigstens die Sonntagabende für meinen Klaus noch angenehm. Jetzt hat er gar nichts mehr vom Leben.
Früher war alles besser. Mit einer Flasche leckeren Fiege-Pilses und einer mit vierzigjähriger Erfahrung perfekt gerollten Van-Nelle-Fluppe vor den Fernseher gelümmelt und den neuesten Tatort genossen. In letzter Zeit auch gerne in HD und Dolby Digital 5.1. Das Leuchten in seinen Augen bei Börne, Thiel und Alberich oder bei der Furtwängler. So schön, wenn er mal Freude hat, mein Klaus. Doch was die Gebührengeier von der ARD in den letzten Wochen an Tatorts ausstrahlen, bringt meinen Klaus an den Rand des Wahnsinns. Er steht kurz vor einem seelisch-moralischen Schlaganfall oder einem Burnout oder so.
Vor drei Wochen: Tatort Saarbrücken. Ein neues Team, die alten (Kappl und Deininger) wurden von jetzt auf gleich von der Gebührenmafia geschasst. Und einen wie den Max Palu hatten die ja schon lange nicht mehr. Die SZ beschreibt das Desaster so: "Eine grandios missratene Episode mit Jens Stellbrink. [...] Programmverantwortliche beim SR: Das ist alles nicht euer Ernst, oder? "
Vor zwei Wochen: Tatort Konstanz. Das alte Team mit einer wie gewohnt durchschnittlichen Folge kann meinen Klaus auch nicht gerade begeistern. Eva Mattes, die für die erste TV-Erektion in den Siebzigern verantwortlich war, und Sebastian Bezzel spielen wenigstens nachvollziehbare Charaktere.
Vor einer Woche: Tatort Luzern, das wo in der Schweiz liegt. In Schwyzerdütsch produziert und so grottenschlecht synchronisiert, dass einem beim Hingucken schlecht wurde. Den schweizer Humor muss erst mal einer verstehen, wenn es ihn denn überhaupt gibt.
Und gestern: Tatort Wien, das wo in Österreich liegt. Für die schwache Besetzung ein viel zu kompliziertes Thema. Überzeichnete Charaktere und Langeweile. Alle Österreicher versuchen verzweifelt einigermaßen Hochdeutsch zu sprechen. Nur der Krassnitzer darf seinen Dialekt ausleben. Dass die Bibi (Adele Neuhauser) nicht mehr säuft, tut dem Ganzen auch nicht gerade gut. Die Amerikaner sprechen schlecht Amerikanisch und, wenn sie Deutsch sprechen, dann mit einem sehr schlechten amerikanischen Akzent.
Ende vom Lied: Mein Klaus trinkt sich die Folge mit einer Extraflasche Fiege-Pils schön und sieht heute Morgen schon wieder so zerknittert aus!
Und wenn jetzt auch noch der Til Schweiger den Hamburger Tatort übernimmt, kann  ich für nichts mehr garantieren. Hauptkommissar Nick Tschiller, "[d]er geschiedene Polizist [...] hat bislang als verdeckter Ermittler beim LKA in Frankfurt und Mitglied eines SEK gearbeitet. Um sich intensiver um seine 15-jährige Tochter Lenny zu kümmern, zieht er zu dem pubertierenden Mädchen nach Hamburg, da sich seine Exfrau Isabella wieder stärker ihrer eigenen Karriere widmen will"(1) . Das klingt nach Kokowääh III, Keinohrhasen und Lindenstraße im Krimiformat. Der Schweiger, die nationale Lichtgestalt der bewegten Bilder, wollte sogar am Renommee von Doldinger und Lindenberg kratzen und die Tatortmelodie infrage stellen. Blasphemie!

 (1) (Quelle: http://www.tatort-fundus.de)

Freitag, 15. Februar 2013

Das Leben ist kein Ponyhof


Wegen der dusseligen Medikamente im leckeren Pferdefleisch gab's heute bei uns Fisch. Auch keine echte Alternative, wie man an dem Foto erkennen kann. Aber wenn das bloß das einzige Problem wäre. Mein Klaus ist ja überhaupt nicht mehr gut drauf. Mache mir echt Sorgen. Wenn der bloß mal nicht dem Robert-Enke-Syndrom erliegt. Wenigstens fährt hier in der Nähe kein Zug. Jetzt hat dem Klaus dem sein VfL auswärts in München, überwiegend in Unterzahl und in schäbigen Trikots, 1 - 0 gewonnen, und er ist trotzdem unglücklich. Leichenblass wusste er zu berichten, dass nicht etwa Friedrich Leonhard Ignatius Josef Maria Lamoral Balthasar von Thurn und Taxis oder Marcel Reif das Spiel auf Sky kommentiert hätten, sondern ein Mädchen. Ein richtiges Mädchen, das live und in Farbe der im Bezahlfernsehen versammelten Bochumer Fangemeinde denFußball erklärte. Welch Schmach! Wie tief kann man sinken? Was soll noch alles kommen. Ein Schicksalschlag nach dem anderen. Oh weh, oh weh, oh weh!

Mittwoch, 13. Februar 2013

Rheinischer Sauerbraten

Wochenmarkt in Villedieu-les-Poêles
Mein Klaus ist so ein Vollpfosten! Fährt er doch alle paar Wochen nach Villedieu-les-Poêles auf den Wochenmarkt, um Pferdefleisch zu kaufen. Findet der nämlich total lecker. Kommt doch aus diesem muffigen Provinznest im Bergischen Land. Da ist der Verzehr von Pferdewürsten, Fohlenrouladen und „original“ Rheinischem Sauerbraten eine Delikatesse. Hätte er doch viel günstiger haben können: mit Fertiglasagne und Ekelburgern aus der Tiefkühlkostabteilung im Supermarkt nebenan.

Dienstag, 12. Februar 2013

Wir sind Privatier!

Foto: Andreas Praefcke
Bin echt spät dran! Aber müsst ihr mir verzeihen. Wir sind gerade erst um Mitternacht aus unserem atombombensicheren Antikarnevalsbunker herausgekrochen. Hat der Benno doch tatsächlich die Plörren hingeschmissen. War abzusehen. Der siechte doch nur noch so dahin in den letzten Monaten. Kam ohne Hilfe keine Treppe mehr rauf. Hatte zu gar nichts mehr eine klare Meinung und eh die Faxen dicke. Jetzt haben wir schon wieder ein Problem. Noch mal Ehrensold auf Lebenszeit. So ein Papst kündigt ja nicht so einfach wie ein x-beliebiger Opelaner. Nö, der ist ja bestümmt als der Stellvertreter Gottes auf Erden. Solange der lebt, muss der stellvertreten. Wäre ja sonst Blödsinn gewesen. Und der neue Papst muss dann quasi ein stellvertretender Geschäftsführer sein, bis der Ratzinger das Zeitliche segnet. Das wird kompliziert. Aber vielleicht kann der neue Papst mir mal erklären, warum die Banane krumm ist und nicht wieder einfach behaupten, dass Gottes Wege unergründlich wären.

Montag, 4. Februar 2013

America the Beautiful

Foto: User:48states at en.wikipedia

Ey, hömma. Wie krank ist das denn? Aber der Reihe nach. Gestern hat mein Klaus mich zum „Superbowl“ eingeladen. Sollte ich mir mal angucken. Mal was anderes als immer nur Treibball. Wäre bestümmt total mein Ding. Ein Ballspiel, bei dem man viel rennen muss und sowohl dem Gegner als auch dem Mitspieler ungestraft eins auf die Fresse geben darf. Die Sabine haben wir vorsichtshalber gleich ins Bett geschickt. Ich durfte ausnahmsweise auf der 3.000-Euro-Chesterfield-Chaiselongue Platz nehmen und es wurde dick aufgefahren. Popcorn, Kartoffelchips und für mich Cola light. Klaus hatte einen neuen Freund dabei, den er einfach nur „Jack“ nannte. Über den von Weihnachten übrig gebliebenen Kerzen wurden Marshmallows geschwärzt. Allerdings musste ich mir erst noch „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ angucken, bevor jenseits der Unterschichtensperre auf der Fernbedienung SAT1 aktiviert wurde. Da war gerade Werbung. Kurz danach sahen und hörten wir, wie Jennifer Hudson, deren halbe Verwandtschaft 2008 weggeballert wurde, zusammen mit 26 überlebenden Kindern der Sandy Hook Elementary School aus Newtown Connecticut die Schnulze „America the Beautiful“ intonierte. O beautiful, for spacious skies, for amber waves of grain, for purple mountain majesties above the fruited plain! America! America! God shed His grace on thee, and crown thy good with brotherhood, from sea to shining sea. O beautiful, for pilgrim feet whose stern, impassioned stress a thoroughfare for freedom beat across the wilderness! America! America! God mend thine ev’ry flaw; confirm thy soul in self-control, thy liberty in law! O beautiful, for heroes proved in liberating strife, who more than self their country loved and mercy more than life! America! America! May God thy gold refine, till all success be nobleness, and ev’ry gain divine! O beautiful, for patriot dream that sees beyond the years, Thine alabaster cities gleam undimmed by human tears! America! America! God shed His grace on thee, and crown thy good with brotherhood, from sea to shining sea! Ihr könnt ja alle Englisch aus der Schule. So wie ich Sitz, Platz, Fuß und Aus. Mit tränenerstickter Stimme konnte Frank „Buschi“ Buschmann nur gequält auf die nunmehr auftretenden Cheerleaders der Kontrahenten hinweisen. Cheerleaders sind junge Damen, die in knappen Push-ups und kurzen Röckchen ihre feisten Titten und knackigen Ärsche schaukeln. Dabei schütteln sie bunte Puscheln und hüpfen hysterisch herum. Und wenn man in Amerika zu einem Cheerleader sagt, sie hätte feiste Titten und einen knackigen Arsch, muss man eine Million Dollars Strafe zahlen oder kommt ins Gefängnis oder in die Gaskammer. Sagt der Klaus, und dem glaub ich das!
Als wie dann die nächste Werbung in Amerika gezeigt wurde, hat der Buschi versucht, die Regeln von dem Spiel zu erklären. Da hat der Klaus aber den Ton weggemacht und seine eigene Version vorgetragen, damit ich das besser verstehe. Also versuchen da zwei Mannschaften den Ball, der wo eigentlich ein Ei ist, von links nach rechts oder umgekehrt in die gegnerische Endzone zu treiben. Dabei hat jede Mannschaft einen gut aussehenden, smarten kaukasischen Quarterback, der wo der Star des Teams ist und auf den alle hören müssen. Dem helfen eine Bande von übel aussehenden, brutalen und verbrecherischen Afroamerikanern, die wenigstens unter Mordverdacht stehen müssen. Manche sind sogar richtige Mörder, dürfen aber mitmachen, weil die amerikanische Justiz korrupt genug ist, aus einem Mord eine Behinderung der Polizeibehörden zu machen. Das nennt man dann „Offense”. Gegen die spielt die „Defense“. Das ist in der Regel eine Bande von übel aussehenden, brutalen und verbrecherischen Afroamerikanern, die wenigstens unter Mordverdacht stehen müssen. Der gut aussehende, smarte kaukasische Quarterback dieser Mannschaft sitzt solange auf der Bank, bis er „Offense“ wird. Und das wechselt dann im Laufe des Spiels hin und her.
Dann haben sie angefangen zu spielen. Holla, da gab’s richtig auf die Fresse! Und weil sowohl eine virtuelle blaue als auch eine virtuelle orangene Linie eingeblendet wurde, wusste selbst der Buschi bescheid, wo der Hase läuft. Der eine gut aussehende, smarte kaukasische Quarterback hat das Ei aber immer zu den falschen Leuten geworfen und deshalb gab es eine „Interception“. Sagte der Klaus und auch der Buschi. Inzwischen war der „Jack“ schon wieder gegangen und die verkohlten Marshmallows schmeckten mir auch nicht so richtig. Dann war Halbzeit. Halbzeit ist, wenn meinem Klaus dem sein VfL erst 0 zu 2 zurückliegt. Dachte ich immer. Aber bei den Amis müssen es ja gleich 28 zu 6 sein. Oder 6 zu 28 bei 2nd Down and 8. Eh, ich krieg die Krise. Dann war auch noch Stromausfall. Kommt davon, wenn man infrastrukturell auf dem Stand der DDR kurz vor der Wiedervereinigung steht. Stromleitungen überirdisch dem Wind und dem Wetter ausgesetzt, statt ordentlich verbuddelt wie bei uns. Von 220 Volts können die Amis doch nur träumen! AC-DC, wenn euch das was sagt. Da kuck ich doch lieber zu, wenn der Barack Obama Tontauben schießt. Also runter von der Chaiselongue und ab in die Besucherritze. Mein Klaus bringt noch schnell das letzte Fiege-Pils weg und das Endergebnis erfahren wir dann im Frühstücksfernsehen. Ist mir eh schnuppe!

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