Den ganzen Frühling
2013 haben wir Anfang letzter Woche an der Nordsee verbracht. Ich durfte wieder,
dank der Ausnahmegenehmigung für Angehörige der Ureinwohner, im Nationalpark
durch den Groden toben. Und das, obwohl ich an einer Verletzung meines linken
hinteren Bewegungsapparates leide. Die medizinische Fachabteilung von meinem Klaus
dem seinem Bezahlfernsehen wäre wahrscheinlich ganz schnell mit einer
Ferndiagnose dabei. Teilabriss des Syndesmosebandes. Oder eine Adduktorenzerrung.
Oder gar eine Ostitis Pubis. Jedenfalls irgendetwas, was die Bundesligaspieler
alle haben, wenn sie keine Lust mehr haben, vor den Ball zu treten. Ich habe
mir den Schmerz einfach rausgelaufen. Allerdings hat es bei meinem letzten
Sprung über einen der Gräben wieder ganz schön gezwickt. Wird schon wieder.
Apropos Bezahlfernsehen:
Meinem Klaus wäre es jetzt wohl doch wieder ganz lieb, wenn die Christina Graf,
das Mädchen, das bei Sky jetzt als Kommentarteuse arbeitet, wieder die Spiele
vom VfL Bochum besuchen täte. Kaum, dass wieder ein Kerl die Abspielfehler,
Unkonzentriertheiten und vergebenen Chancen ins Lächerliche zieht, verlieren
sie wieder, die Bochumer Jungs.
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Originalfoto von Harald Schrapers |
Und so wie ein
durchschnittliches Bundesligaspiel war auch der gestrige „Tatort“ gestrickt.
Raus auf den Platz, zehn Minuten richtig Dampf machen, drei Gelbe Karten
einsacken und dann erst einmal wieder tschillen. Kurz vor und nach der Halbzeit
noch einmal ein wenig das Tempo anziehen, um dann kurz vor Schluss den Sack zu
zumachen. Ich habe mich ja in meinem Körbchen eingerollt und mir die Ohren
zugehalten. Um 20:15 Uhr dachte ich, es wäre schon wieder Silvester. Da kann
ich ja gar nicht drauf. Und die Sabine und der Klaus hatten den HTY-7040 von
Yamaha samt Subwoofer ziemlich doll aufgedreht, weil der Schweiger doch immer
so nuschelt und sie keinen seiner gewohnt bedeutungsschwangeren Sätze verpassen
wollten. Wie gesagt, ich zitterte im Körbchen und hatte die Puschelpfoten in
meine Ohren gesteckt. Den Rest des „Tatorts“ habe ich mir berichten lassen,
nachdem ich sicher war, dass der Dritte Weltkrieg nun doch nicht ausgebrochen
war.
Der Klaus meinte
zusammenfassend, dass er gerade alle 29 Folgen „Schimanski-Tatort“ in 90 komprimierten
Minuten gesehen hätte. Die Anzahl der Toten und die der abgegebenen Schüsse
entsprächen in etwa derer, die in Duisburg in den Jahren zwischen 1981 und 1991
fielen. Die Handlung war so nebensächlich. Der frisch in Hamburg zugereiste
Kommissar verfügte über überraschend gute Ortskenntnis und war sich auch nicht
zu schade, einen davonfahrenden Van zu Fuß zu verfolgen. Ein wenig wie Bonanza,
wenn der Sheriff zu Pferde die flüchtenden Zugräuber verfolgt. Die
obligatorische Zeitbombe durfte auch nicht fehlen. Bedrohlich rote LED Ziffern,
die gen null streben. Es konnte einem angst und bange werden. Der IKEA-Badewannen-Sicherheitsgriff
wurde mit roher Gewalt aus der maroden Wand des Luxusbades der „Senator Suite“ gerissen
und dann lag alles in Schutt und Asche. Immer wenn keine Gefahr lauerte, rückte
die gesamte Hamburger Polizei mit SEK und Kavallerie an. In gefährlichen,
schier unlösbaren Situationen war Nick Tschiller mit dem Knopf im Ohr auf sich
selbst gestellt oder nur auf die Hilfe Thanners angewiesen, der jetzt Rollstuhl
fährt, einen Migrationshintergrund hat und ganz toll Playstation spielen kann.
Der kann Telefongespräche umleiten und die ganze Welt vom Krankenbett aus
überwachen. Er findet auch heraus, dass ein Mikrochip, so einer, wie auch ich
im Nacken habe, aus Mexiko stammt, bloß weil darauf geschrieben steht „MEXICO“!
„Schimmis“ legendäre „Scheiße“ wird durch „Fuck“ ersetzt und die Bösen wollen
die Guten nicht mehr „verarschen“, sondern „ficken“. Herausragend die schauspielerischen
Leistungen von „Vader Abraham“ und Wotan Wilke Möhring.
Bildnachweis "Schimanski": By Harald Schrapers / http://horstschimanski.info (Own work) [CC-BY-SA-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons